Wahnvorstellungen und wahre Freundschaft

Liebes Tagebuch, heute ist der 07.02.2023.

Heute gibt es in mir viele Gedanken und Gefühle. Ich habe beschlossen, zu Hause zu bleiben, um mich einerseits körperlich zu schonen und andererseits, um mich mit meiner inneren Welt zu beschäftigen.

Ich habe heute meiner Freundin Lena einen Brief geschrieben, besser gesagt, eine ausführliche Nachricht, in der ich mich ihr anvertraut habe. Es fühlt sich für mich am passendsten an, wenn ich diese Nachricht hier einfach einfüge.

Liebe Lena,

Zuerst einmal möchte ich sagen, wie sehr ich dich mag und wie wichtig mir unsere Freundschaft ist. Ich würde niemals etwas tun, um dich zu verletzen oder unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzen.

Ich denke, dass das Schicksal nicht immer ein Verräter ist und mir genau zur richtigen Zeit dich geschickt hat, damit du mir dabei hilfst, mir selbst zu helfen. Mich von den schlimmen Situationen, die mir widerfahren sind, zu erholen. Ich möchte daran wachsen.

Also, herzlichen Dank an das Schicksal : eine großartige Frau geschickt! Ich habe verstanden!

Nun stellt sich die Frage „Wie?“. Das ist wahrscheinlich die kniffligste Frage. Weder du noch ich sind Psychotherapeutinnen oder haben in dieser Hinsicht eine Ausbildung. Kann unsere Hausfrauenpsychologie hier ausreichen? Wahrscheinlich nicht. Aber das macht nichts, denn wir beide sind einfühlsam, klug, sehr belesen und haben dieses gewisse Etwas: das Gespür. All das wird uns dabei helfen.

Da mich gestern das Ausfallen des Schreibkurses in der VHS doch mehr getroffen hat, als ich zunächst dachte, habe ich beschlossen, alles aufzuschreiben. Heute Morgen wusste ich auch, wie ich es tun möchte. Als Blog, als Webseite mit dem Titel „Tee mit Molly. Das Tagebuch der Molly Isy“.

Das Logo dafür habe ich schon seit einiger Zeit fertig, und ich habe die freie Webseite www.TeemitMolly.de dafür gekauft. Doch bis heute habe ich mich gefragt, in welchem Format ich gerne veröffentlichen möchte. Jetzt weiß ich es: Als Tagebucheintrag.

Ich werde alles, was ich erlebt habe, und alles, was mich beschäftigt, einfach weiterhin aufschreiben, so wie früher. Das Schreiben und das Sprechen darüber haben mich aus dem tiefsten und dunkelsten Loch geholt – dem Moment, als ich mir das Leben nehmen wollte. Deshalb schreibe ich. Und ich werde es veröffentlichen unter einem Synonym schreiben, weil ich möchte, dass andere Menschen meine Geschichten lesen und vielleicht ebenfalls daran wachsen oder Impulse für sich mitnehmen. Ich werde auch über meine Wahnvorstellungen schreiben, vielleicht kann ich so die Paranoia vermeiden. Wer weiß.

Gerade als ich den Satz schreibe: „.. unter einem Synonym schreiben…“ kommen mir wieder diese paranoiden Gedanken. Ich befürchte, wenn ich es dir erzähle, dass ich diejenige bin, die unter dem Synonym Molly schreibt, wirst du es der „Organisation“ erzählen, und diese kann mich dann weiterhin „überwachen“.

Genau diese unrealistischen Gedanken machen mir Angst. Ich möchte keine Wahnvorstellungen haben. Ich möchte nicht den Verstand verlieren. Glaubst du, dass mein Unterbewusstsein mir das damit sagen wollte, als das Thema „Bester Freund Stefan“ in mir wieder auftauchte? Oder erinnert mich deine und meine Freundschaft einfach an die enge freundschaftliche Beziehung mit Stefan?

Wie sollen wir nun mit unserer Freundschaft umgehen? Einerseits löst deine bloße Existenz an meiner Seite etwas in mir aus, andererseits möchte ich dich gerne an meiner Seite behalten, weil du eine großartige Freundin bist. Ich möchte deine Ratschläge hören und Neuigkeiten teilen. Mit dir ernste Themen diskutieren und über unseren Alltag lachen.

Ich denke, wir sollten den Trigger nutzen, aber in kleinen Schritten. Ich frage mich nur, wie wir das umsetzen können.

Vertrauensübungen? Hinter fast jeder entwickelnden Paranoia steckt im Grunde ein Bruch der Psyche, eine Art Schutzmaßnahme, um Ängste nicht ertragen zu müssen. Glaubst du das auch? Falls ja, ist es wichtig zu wissen, welche Ängste ich habe, wenn ich sage: Unsere Freundschaft löst etwas in mir aus. Mein Problem ist, dass ich befürchte, ausgenutzt, verletzt und hintergangen zu werden, ohne es zu bemerken, so wie damals beim Therapeuten. Ja, vielleicht sogar während der Manipulation noch Freude und Spaß zu empfinden und deshalb nicht wachsam genug zu sein. Ich habe also deutliche Vertrauensprobleme.

Der Unterschied zwischen unserer Situation und der zwischen dem Therapeuten und mir ist unter anderem, dass wir Freude, Zeit und Nähe teilen, ohne dass du dich narzisstisch verhältst oder wohl möglich noch ghosting betreibst. Davor hatte ich am Anfang unserer schnell wachsenden Freundschaft auch große Angst. Ein weiterer Unterschied ist, dass ich in unserer Beziehung (noch) nicht leide. „Noch“, denn darin besteht ja gerade meine Angst. Vertrauensübungen könnten also auch helfen.

Ich habe bereits Vertrauensübungen in meiner Beziehung zu Tom gemacht. Das war für mich ein großes Problem, ein tief verwurzelter Glaubenssatz, den ich aus meiner Kindheit mitgenommen habe. Der Glaubenssatz „Ich kann niemandem vertrauen“ hat unsere Beziehung stark beeinflusst. Es war eine schwierige Zeit für Tom und mich. Ich habe Hilfe bei einer Therapeutin gesucht und das Problem erfolgreich in fünf probatorischen Sitzungen bearbeitet. Ich war wieder so schnell. So schnell mit dem Thema durch. So schnell wieder im Gleichgewicht. Die meisten Menschen finden das merkwürdig, du nicht. Du bist genauso schnell, das tut mir gut.

Mir wird gerade etwas klar. Ich lasse dich so tief in mein Leben eindringen, wie ich es Tom damals erlaubt habe. Deshalb erlebe ich jetzt wieder dieselben Ängste, die ich schon einmal mit ihm durchgemacht habe. Es hat also nicht nur mit der Situation mit dem Therapeuten zu tun, sondern auch mit meinem tief verwurzelten Glaubenssatz über das Vertrauen. Damit kann ich arbeiten, das habe ich schon einmal geschafft. Das schaffe ich wieder! Ich denke nur, dass es in der heutigen Situation mit dir etwas schwieriger für mich ist, weil der Therapeut genau diese Vertrauensängste bei mir ausgenutzt hat.

Mir ist nur wichtig, dass ich auch diese Wahnvorstellungen genauer betrachte. Die Zeit dafür werde ich mir auch nehmen.

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal aufrichtig bei dir (und natürlich auch bei meinem wundervollen Ehemann) bedanken, dass ihr mir gestern so gut zugehört habt und mich und meine Anliegen immer ernst nehmt. Ihr seid so wertvoll, ganz lieben Dank dafür. Auch fürs Lesen.

Deine Molly

Kurz nachdem ich diesen Text an Lena abgeschickt und erneut gelesen habe, liefen mir die Tränen. Als ich las, dass ich meiner Freundin meine paranoiden Gedanken anvertraue, dachte ich, das ist der richtige Weg. Das Weinen zeigt mir, dass es richtig ist, darüber zu schreiben, zu sprechen und es zu „entzaubern“. Das waren Lenas Worte: „Durch das Drüber reden entzaubern wir es“. Das hat sie gestern bei unserem Treffen so wunderbar treffend ausgedrückt. Ich bin so dankbar, dass es Lena gibt. Ich bin dankbar für ihre Unterstützung, ihre Weisheit und ihr Mitgefühl. Ich bin froh, dass sowohl sie als auch mein wundervoller Mann mich ernst nehmen, angesichts dieser für mich völlig neuen und angsteinflößenden Erfahrung mit den paranoiden Wahnvorstellungen.

Jetzt werde ich aber zunächst an meinen Vertrauensproblemen arbeiten, das wird ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein.

Bis später, deine Molly

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