Liebes Tagebuch, heute ist der 13. September 2023
In diesem Moment bist du mein einziger Freund, das Einzige, was mich gerade stützt und mir Halt gibt – der Fels in meiner Brandung.
Gerade weine ich sehr intensiv. Nachdem ich bei der Visite war, fühlte ich mich wie ein verängstigtes Tier, wie ein getretenes Kind.
Medical Gaslighting ist für mich nichts Neues; Ich habe oft das Gefühl, dass Ärzte mich nicht verstehen. Das liegt an den vielen schlechten Erfahrungen, die ich gemacht habe. Warum braucht es immer zehn positive Erfahrungen, um eine schlechte auszugleichen?
Die Traurigkeit überwältigt mich, und ich fühle mich verletzt, hilflos und einsam, obwohl ich mich nach Sicherheit, Geborgenheit und Schutz sehne.
Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und weine und weine, lasse all meine Emotionen heraus und versuche, mit mir selbst zu sprechen, als würde ich mit meiner besten Freundin reden.
Während meine Gefühle dominieren und ich sie frei fließen lasse, kommen langsam rationale Gedanken wie: „Es ist großartig, dass du standhaft und höflich geblieben bist“, „Diese Erfahrung war eine Konfrontationstherapie“, „Das Loslassen deines Schmerzes wird dir guttun.“
Ich lasse diese Gedanken zu und bin mitfühlend mit mir selbst. In meinem Kopf wiederhole ich leise mein Mantra – immer wieder: „Möge ich Sicherheit und Gesundheit erfahren… Möge ich Sicherheit und Gesundheit erfahren…“
Eine halbe Stunde ist vergangen. Ich musste meinen Termin bei der Ernährungsberatung wahrnehmen und meinen Speiseplan für die nächste Woche besprechen. Das hat mich direkt in die Gegenwart zurückgeholt. Ich musste an eine bestimmte Tür klopfen, anwesend sein und konkrete Entscheidungen treffen.
Ich hoffe, dass ich es bald schaffe, ohne äußere Verpflichtungen in die Gegenwart zurück zu gelangen und mir einfach gewahr sein kann.
Aber wie kann ich herausfinden, ob meine Erfahrung bei der Visite wirklich so schlimm war, im Hier und Jetzt, oder ob ich noch Emotionen aus der Vergangenheit mitbringe?
Wahrscheinlich durch Angemessenheit, Rationalität, sachliche Beobachtung. Wie viel von meinen Gefühlen und körperlichen Reaktionen stammen aus der unverarbeiteten Vergangenheit, und wie viel ist auf diese aktuelle Situation zurückzuführen?
Nun zu den Fakten der Visite: Als ich gefragt wurde, wie es mir geht, habe ich erklärt, dass ich aufgeregt und nervös bin, da gerade das Sprechen mit Ärzten eines meiner Hauptprobleme sei.
Ich habe auch erwähnt, dass ich immer noch Schwindel nach der Gehirnerschütterung erlebe. Jedes Mal wenn ich mich bewege, und dass dies Übelkeit verursacht. Ich habe betont, wie stolz ich darauf bin, hier zu sein und mich meinen Ängsten und Problemen zu stellen.
Die Oberärztin versuchte, sich versöhnlich zu entschuldigen: „Wenn Sie das Gefühl haben, wir hätten den Kopfstoß nicht ernst genug genommen, tut mir das leid.“ „Danke“, sagte ich, und sie fuhr fort: „ABER wir glauben nicht, dass der Schwindel von dem Kopfstoß kommt. Wir denken, er kommt von Ihrer Haltung, dass Sie den Kopf und Nacken starr halten. Der Begriff ‚Schädel-Hirn-Trauma‘ im Arztbericht der Notaufnahme klingt schlimm, aber es handelt sich nur um eine leichte Gehirnerschütterung. Sie haben wahrscheinlich Angst vor dem Begriff.“
Ich erklärte sachlich und ruhig, dass mir der Begriff egal sei und ich mich viel mehr um die starken Symptome sorge: den Schwindel bei leichten Bewegungen, das übermäßige Schlafbedürfnis, den leichten Hörverlust auf der linken Seite und die anhaltenden Kopfschmerzen. Hatte ich doch all diese Symptome vor der Kopfverletzung nicht.
Ich fühlte mich nicht ernst genommen. „Nun, ja, das ist vielleicht etwas unglücklich gelaufen, ABER wir empfehlen Ihnen manuelle Therapie für Ihren Nacken. Der Schwindel, der durch Ihre Fehlhaltung verursacht wurde, wird aufhören. Wir werden Sie von den Bewegungstherapien dieser Woche ausnehmen.“
Ich stimmte zu, dass Physiotherapie meinem Nacken guttun würde, da er aufgrund der Schonung blockiert und schmerzhaft war. Doch ich glaubte nicht, dass der Schwindel von der Schonung kam.
Gestern hieß es vom Arzt noch, der Schwindel sei psychosomatisch: „Sie haben keine Gehirnerschütterung, Sie haben diesen Schwindel nicht aufgrund des Kopfstoßes, sondern weil Sie sich Ihren vielen Ängsten nicht stellen.“
Ich wollte darüber diskutieren, dass ich meinen Kopf ja nur gerade deshalb in diese Schonhaltung bringe, um den Schwindel zu vermeiden. Meine Position verteidigen und meine Informationen teilen, damit man möglicherweise zu derselben Schlussfolgerung kommt. Aber ich entschied mich dagegen. Zum einen war ich zu erschöpft, um zu diskutieren, zum anderen hatte mein Wunsch, mich körperlich zu schonen, unabhängig von der Ursache, Erfolg.
Die Physiotherapie und die körperliche Schonung würden mir in jedem Fall guttun. Außerdem konnte ich meinem eigentlichen Ziel, mich meiner Angst zu stellen, hier durch meine bloße Anwesenheit weiter nachgehen.
Rational betrachtet war dies wahrscheinlich einer der besten Ausgänge, die die Visite hätte haben können.
Dennoch fühlte ich mich danach schlecht. Hauptsächlich aufgrund meiner unverarbeiteten früheren Erfahrungen. Für mich wäre es besser gewesen, wenn mir einfach geglaubt worden wäre und sich für die Fehler entschuldigt worden wäre. „Ja, Sie haben recht, wir hätten Sie gleich schonen sollen“, anstatt einer vagen Entschuldigung wie: „Es tut mir leid, dass Sie das Gefühl hatten, wir hätten Sie nicht ernst genug genommen, ABER …“
Viele Menschen können sich nicht für ihre Fehler entschuldigen oder wollen es nicht. Ich wünsche mir jedoch, dass sich dies in unserer Gesellschaft ändert. Auch wünsche ich mir, dass gebildete und kluge Menschen in Machtpositionen beginnen, für ihre Fehler geradezustehen. Zumindest in Form einer Entschuldigung.
Auch ich werde daraus lernen, noch achtsamer mit meinem Spruch „Der Mensch geht zu 98 % immer von sich aus“ umzugehen und ihn öfter selbst zu beherzigen. Nur weil ich mich entschuldigen und Kritik annehmen kann, können das nicht alle Menschen.
Danke, liebes Tagebuch. Danke, dass du immer da bist. Egal, wo ich bin und egal, wie es mir geht.
Deine Molly
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